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Interaktive Grafik

«Weisse Weihnachten» – wann hatten wir das zum letzten Mal?

Auch dieses Jahr wird es im Flachland keinen Schnee geben. Finden Sie mit unserer Grafik heraus, wann es an den Festtagen in Ihrer Nähe letztmals so richtig winterlich war.

Yannick Wiget, Fanny Giroud, Paul Ronga, Mathieu Rudaz, Mathias Lutz, Interaktiv-Team
Aktualisiert am 22. Dezember 2021

«Oh Tannenbaum, oh Tannenbaum, wie grün sind deine Blätter» – von allen Weihnachtsliedern hat dieses in den letzten Jahren am besten gepasst. Und auch 2021 werden es viele Schweizerinnen und Schweizer mit gemischten Gefühlen anstimmen. Denn draussen wird einmal mehr kein Schnee liegen, von besinnlicher Stimmung keine Spur. Zumindest im Flachland.

Man muss schon etwas höher steigen, um die Schneedecke zu sehen, die seit zwei Wochen oberhalb von 600 Metern liegt. Und auch sie dürfte allmählich schmelzen. Denn ab Freitag wird eine südwestliche Strömung mit milder Luft erwartet, die in tieferen Lagen Temperaturen zwischen 5 und 7 Grad bringt. Ausserdem ist gebietsweise mit Regen zu rechnen.

Dass es nach einer langen Kälteperiode just an diesem Wochenende mild-nass wird, ist kein Zufall, sondern hat schon fast Tradition: «Weihnachtstauwetter» nennt man diesen eigenartigen Witterungsregelfall, der in Mitteleuropa in durchschnittlich sieben von zehn Jahren auftritt. Auch hierzulande. Vielerorts im Flachland hat es deshalb schon lange kein schneereiches Weihnachtsfest mehr gegeben, wie Daten von Meteo Schweiz zeigen.

Drei weisse Weihnachtstage

Mindestens ein Tag mit Schnee

Alle drei Tage ohne Schnee

Keine Daten für dieses Jahr

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Prognose

Finden Sie ihn? Hinter einer der Tannen versteckt sich ein kleiner Weihnachtsmann. Klicken Sie auf die Bäume in der Illustration, um ihn zu entdecken.

In Bern (​​540 m ü. M.) gab es letztmals 2014 mindestens einen Weihnachtstag mit Schnee, in Zürich (408 m ü. M.) und Basel (260 m ü. M.) muss man bis 2010 zurückblättern. Dass es an drei aufeinanderfolgenden Tagen weiss war, also sowohl an Heiligabend als auch am Weihnachts- und Stephanstag, liegt noch viel länger zurück: In Bern 13 Jahre, in Zürich 18 Jahre und in Basel sogar ganze 35 Jahre.

Statistisch gesehen, machen wir uns mit dem Wunsch nach weissen Weihnachten also etwas vor. Im zentralen und östlichen Mittelland liegt während dieser Zeit zu 60 Prozent kein Schnee. Die Bevölkerung der West- und Nordwestschweiz erlebte sogar in drei Vierteln der Jahre seit 1931 eine grüne Weihnacht.

Ganz anders sieht es in den Bergen aus. In Davos (1560 m ü. M.), der höchstgelegenen Stadt Europas, wird der Traum der weissen Weihnacht praktisch immer wahr. Nur ein einziges Mal seit Messbeginn, im Jahr 2016, lag zwischen dem 24. und 26. Dezember nicht durchgehend Schnee. Dieses Jahr wird es aber wieder klappen. Im Wintersportort ist es derzeit weiss, und am Wochenende liegt die Schneefallgrenze voraussichtlich zwischen 1400 und 2000 Metern.

Auch in mittleren Lagen sollte es dieses Jahr weiss bleiben, etwa in Elm (977 m ü. M.) im Kanton Glarus. Das ist längst nicht immer der Fall. In jüngster Zeit hat sich die Klimaerwärmung zunehmend bemerkbar gemacht. In Elm gab es in 50 Jahren bis zur Jahrtausendwende lediglich viermal keinen oder nur einen Tag Schnee an Weihnachten. Seither, also in 21 Jahren, passierte das schon neunmal. Davon siebenmal allein in den letzten 11 Jahren.

«Es wird immer wärmer. Die letzten acht Winter lagen über der Norm», sagt Olivier Duding von Meteo Schweiz. «Derjenige von 2019/20 war sogar der mildeste, der je in der Schweiz gemessen wurde.»

Die Messungen werden von Hand gemacht

Wie viel Schnee liegt, wird nicht etwa von Instrumenten erfasst, sondern von Menschenhand. «Im Moment werden alle Werte in der Datenbank von Meteo Schweiz von einer Beobachterin oder einem Beobachter gemessen», sagt Olivier Duding. Laut dem Meteorologen gibt es jeweils zwei Platten pro Messstation: Eine wird jeden Morgen um 7 Uhr geräumt, um den Neuschnee zu messen. Auf der anderen wird der Schnee liegen gelassen, um die Höhe der Schneedecke zu bestimmen.

Die Daten, die wir verwendet haben, beziehen sich auf Letzteres. Sie geben also an, ob am 24., 25. und 26. Dezember Schnee lag, unabhängig davon, ob es sich um alten oder neuen handelte. Was zwischen zwei Beobachtungen geschmolzen ist, wird nicht gezählt.

Auch andernorts müssen die Menschen immer öfter ohne Schnee auskommen. Die Einwohnerinnen und Einwohner von St. Gallen (669 m ü. M.) beispielsweise feierten in den 1990er-Jahren noch in 80 Prozent der Fälle weisse Weihnachten, in den 2010er-Jahren nur noch in 30 Prozent. In Luzern (435 m ü. M.) schrumpfte dieser Anteil im selben Zeitraum von 50 auf 20 Prozent.

Sogar im Engadin, wo ein Dezember ohne Schnee lange Zeit unvorstellbar war, kam es in den letzten Jahren einige Male vor, dass es teilweise oder ganz grün war. Noch ist das in dieser Höhe zum Glück die Ausnahme. Doch die steigenden Temperaturen lassen den Traum von der weissen Weihnacht an immer mehr Orten in der Schweiz schmelzen.